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nachteilige Folgen einer Meldung

eingeschüchtert. Der weitere Verstoß

gegen die Kameradschaftspflicht

nach § 12 Satz 2 SG ist nicht minder

bedeutsam, denn der Zusammenhalt

der Bundeswehr beruht wesentlich

auf Kameradschaft. Auch die Ver-

letzung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1

Alt. 2 SG bestehenden Wohlverhal-

tenspflicht wiegt schwer. Dies gilt

gleichermaßen für den unter Verstoß

gegen § 10 Abs. 4 SG erteilten Befehl

zu nichtdienstlichen Zwecken, weil

damit eine zentrale Dienstpflicht ei-

nes Vorgesetzten in Rede steht. Der

Verstoß gegen soldatische Pflichten

erfolgte zudem nicht vereinzelt, son-

dern mehrfach und dies nach einem

vergleichbaren Begehungsmuster so-

wohl hinsichtlich der Tatausführung

als auch hinsichtlich der Motivlage.

Bei der Gesamtwürdigung aller

be- und entlastenden Umstände

trägt der erstinstanzliche Ausspruch

lediglich eines Beförderungsverbots

den Bemessungskriterien des § 38

Abs. 1 WDO nicht angemessen

Rechnung. Bei sexuellen Belästi-

gungen von Untergebenen durch

Vorgesetzte im Dienst, wie sie vor-

liegend durch das TDG festgestellt

worden sind, bildet eine Dienst-

gradherabsetzung den Ausgangs-

punkt der Zumessungserwägungen.

Die sexuelle Belästigung der Rekru-

tinnen durch den Soldaten bewegt

sich hier, wie das BVerwG ausführt,

vom Spektrum möglicher Beläs-

tigungsformen her im mittleren

Bereich. Der Soldat hat sich nicht

auf verbale Übergriffe beschränkt,

sondern die Rekrutinnen körper-

lich bedrängt und dies zusätzlich in

intimer Weise dadurch, dass er sie

gegen ihren Willen küsste bzw. zu

küssen versuchte. Wie die Vorins-

tanz selbst bindend für den Senat

und zutreffend feststellt, stellt das

Verhalten des Soldaten eine sexuelle

Belästigung dar. Jede sexuelle Beläs-

tigung ist eine besonders gravieren-

de Form der groben Distanzlosig-

keit. Die Qualifizierung als grobe

Distanzlosigkeit rechtfertigt daher

nicht schon die Aufnahme eines

minderschweren Falls, zumal wenn

wie hier körperliche Übergriffe Teil

der Pflichtverletzung sind. Auch

die Nachbewährung des Soldaten

verlangt nicht, vom Ausgangspunkt

der Zumessungserwägungen abzu-

weichen. Die Herabsetzung in den

Dienstgrad eines Feldwebels ist

auch deshalb geboten, weil der Sol-

dat nicht nur Vorgesetzter, sondern

auch Ausbilder von Rekrutinnen

war, die sich erst seit wenigen Tagen

im Dienst der Bundeswehr befan-

den und somit besonders schutz-

bedürftig waren. Zudem war sein

Verhalten auch mitursächlich für

die Entscheidung der Rekrutin B,

aus der Bundeswehr wieder auszu-

scheiden. Sein Verhalten war damit

in besonderer Weise geeignet, das

Außenbild der Bundeswehr zu be-

schädigen und potentielle Bewerber

für den Dienst in der Bundeswehr

in einer dem Interesse seines Diens-

therrn eklatant zuwiderlaufenden

Weise abzuschrecken.

Anmerkung und Hinweise für die

Praxis

Bei sexuellen Belästigungen von

Untergebenen durch Vorgesetzte im

Dienst bildet eine Dienstgradher-

absetzung den Ausgangspunkt der

Zumessungserwägungen für die zu

verhängende Disziplinarmaßnah-

me (siehe auch den Fall in Justitia

Heft 8/2014, S. 88, in welchem das

BVerwG allerdings an das Ver-

schlechterungsverbot

gebunden

war). Vorliegend ergibt sich das

besondere Gewicht des Dienstver-

gehens vor allem daraus, dass sich

die beiden Rekrutinnen erst seit

wenigen Tagen im Dienst der Bun-

deswehr befanden, somit besonders

schutzbedürftig waren, und der Sol-

dat als Gruppenführer ihr Ausbil-

der war. Nur die guten Leistungen

des Soldaten, seine Nachbewährung

und sein nunmehr vom BVerwG

festgestelltes korrektes Verhalten

Soldatinnen gegenüber rechtfertig-

ten es, die Herabsetzung auf einen

Dienstgrad zu beschränken.

Unverschuldet in Not geratenen

Soldatenfamilien zu helfen – dieser

wichtigen Aufgabe widmen sich ver-

schiedene Stiftungen und Instituti-

onen. Familie B. war auf diese Hilfe

dringend angewiesen. Dank der Un-

terstützung des Autohauses Heine-

mann, der Heinz-Volland-Stiftung,

der Soldaten und Veteranen Stif-

tung und des Soldatenhilfswerks

der Bundeswehr erhielt Familie B.

ein Kraftfahrzeug, das ihren Alltag

wesentlich erleichtert.

Der ehemalige Hauptgefreite B.

war in den Jahren 1999 bis 2002 bei

der Bundeswehr und nahm wäh-

rend seiner Dienstzeit an mehreren

Auslandseinsätzen teil. Aufgrund

traumatisierender Erlebnisse wäh-

rend dieser Einsätze hat B. eine

starke posttraumatische Belas-

tungsstörung erlitten. Heute kann

www.soldaten-veteranenstiftung.de

er nicht mehr am öffentlichen Le-

ben teilnehmen. Panikattacken in

öffentlichen Verkehrsmitteln und

Schlaflosigkeit in der Nacht sind

nur zwei Dinge, mit denen B. all-

täglich zu kämpfen hat. Da Herr B.

nicht mit öffentlichen Verkehrsmit-

teln fahren kann, ist die Familie auf

das gemeinsame Auto angewiesen.

Das alte Fahrzeug, Baujahr 1991,

war aber immer wieder von Repa-

raturen getroffen und kein verlässli-

ches Familienauto mehr. Daher be-

antragte die Familie eine finanzielle

Unterstützung, um zukünftig mobil

zu bleiben. Ein funktionstüchtiges

Kraftfahrzeug ist unerlässlich für

den einsatzversehrten ehemaligen

Soldaten, um zwei Mal in der Wo-

che zur in Berlin stattfindenden

Therapie zu gelangen.

„Wir sind überglücklich, dass das Au-

tohaus Heinemann und die Stiftun-

gen uns aus der Sackgasse helfen“,

freute sich die Familie bei der Über-

gabe des Autos. Der Geschäftsfüh-

rer der Heinemann Gruppe, Marc

Heinemann, ergänzt: „Es ist mir ein

besonderes Anliegen, Soldaten in ei-

ner schweren Zeit zu unterstützen.

Sind sie es doch, die für uns unsere

Sicherheit in vielen Einsatzgebieten

schützen.“ An der Übergabe des

Kraftfahrzeugs nahmen neben der

Familie der Geschäftsführer der Hei-

nemann Gruppe, Marc Heinemann,

der Betriebsleiter des Autohauses

Heinemann in Wernigerode, Hei-

ner Poppendieck, der Vorsitzende

der Soldaten und Veteranen Stiftung

und der Heinz-Volland Stiftung,

Oberstleutnant Thomas Behr, sowie

die Assistentin des Vorstands der Sol-

daten undVeteranen Stiftung, Jessica

Frömbgen, teil.

Soldaten und Veteranen Stiftung

Kapelle-Ufer 2, 10117 Berlin

Telefon (030) 805865-76

E-Mail:

svs@dbwv.de

Volksbank Bonn Rhein-Sieg

KTO: 300 40. BLZ: 380 601 86

IBAN: DE 51380601860000030040

BIC: GENODED1BRS

Vereinte Hilfe für eine Veteranen-Familie

Heinz-Volland-

Mildtätige-Stiftung

BundeswehrVerband

Deutscher

Soldatenhilfswerk

der Bundeswehr e.V.

Stiftung im Blickpunkt

DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017

J U S T I T I A / S V S 65