Was sich wie ein Einsatz
anfühlt, sollte auch wie ein
Einsatz behandelt werden
D
Die Bundeswehr ist im Einsatz –
weltweit. Die heutige Einsatz- und
Verwendungsrealität ist aber weit-
aus vielfältiger, als sie es beispiels-
weise noch zum Ende des letzten
Jahrzehnts war: Neben den „klassi-
schen“ Einsätzen, also solchen, die
durch den Bundestag mandatiert
sind, kommen regelmäßig weitere
vergleichbare Aufgaben für die Bun-
deswehr hinzu. Bundeswehrange-
hörige, die in den verschiedensten
Verwendungen im In- und Ausland,
an Land oder auf der hohen See ihren Dienst ver-
sehen, erleben dies täglich aufs Neue. Diese verän-
derte Einsatz- und Verwendungsrealität spiegelt
sich sowohl im Bericht des Wehrbeauftragten als
auch in den Stellungnahmen der Beteiligungsgre-
mien und Verbände wider.
Aufgrund dieser sich wandelnden Einsatzviel-
falt finden bestehende Regelungen unterschied-
liche Anwendungen, die für das eingesetzte
Personal oftmals schwer nachzuvollziehen sind.
Angehörige der Bundeswehr, die sich im manda-
tierten Einsatz befinden, erhalten beispielsweise
einen steuerfreien Auslandsverwendungszu-
schlag, sie haben Anspruch auf Einsatznachberei-
tung sowie auf Familienbetreuung. Soldaten, die
in einer nicht-mandatierten Verwendung imAus-
land eingesetzt sind, erhalten solche Leistungen
in der Regel nicht oder nur zum Teil – dafür er-
halten sie dann aber Auslandsdienstbezüge. Der
Grund hierfür ist, dass die bestehende Rechts-
und Regelungslage eben noch nicht in allen Be-
reichen an die veränderte Verwendungsrealität
angepasst worden ist.
Handlungsbedarf und Auftrag
Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2015 in
der Abteilung Strategie und Einsatz des Bundes-
ministeriums der Verteidigung die Arbeitsgrup-
pe (AG) Einsatz eingerichtet. Ihre Aufgabe ist,
die verschiedenen aktuellen, aber auch künftig
möglichen Verwendungsformen im Vergleich zu
den klassischen Einsätzen zu untersuchen. Ganz
bewusst wurde dabei die Frage aufgeworfen, in-
wiefern unterschiedliche Regelungsgrundlagen
angepasst werden müssen, damit vergleichbare
Leistungen und Belastungen auch gleich behan-
delt werden.
Alles anders?
Ein einfaches „weiter so“, also der Verbleib im
Fahrwasser bekannter Begrifflichkeiten und
rechtlicher Rahmenbedingungen, – so wurde
schnell klar – würde nicht ausreichen. Eine Ver-
wendung, die vergleichbare Anforderungen wie
ein Einsatz hat, sollte unter den Gesichtspunkten
von Gleichbehandlung, Fürsorge und Attraktivi-
tät auch mit vergleichbaren Leistungen bedacht
werden. Hierbei ging es nicht um die Schaffung
neuer Leistungen oder Maßnahmen, sondern
um die Erweiterung bereits für den „klassischen“
Einsatz bestehender auch auf nicht mandatierte
Verwendungen im In- und Ausland.
Um sich von der Begrifflichkeit der besonderen
Auslandsverwendung, dem „klassischen“ Einsatz
als grundlegendem Maßstab zu lösen, wurde der
Missionsbegriff entwickelt und definiert. Der
Begriff „Mission“ steht dabei für jegliche Verwen-
dung von Bundeswehrangehörigen im Geschäfts-
bereich des BMVg im gesamten Fähigkeitsspek-
trum innerhalb und außerhalb des Deutschen
Hoheitsgebiets, die über den Routinedienst am
Standort, Ausbildung sowie Inübunghaltung ein-
schließlich vor- und nachbereitende Maßnahmen
hinausgeht und dabei missionsspezifische Zielset-
zungen verfolgt.
Der eigentliche Paradigmenwechsel besteht je-
doch darin, dass zukünftig nicht mehr die Art der
Verwendung, sondern die Bedingungen in der
jeweiligen Verwendung ausschlaggebend für die
Zuerkennung bestimmter Leistungen sind. An-
hand objektiver Kriterien in den Betrachtungs-
feldern Lebensbedingungen, Bedrohungslage
und Lebensplanung wird jede Mission bewertet.
Abhängig vom festgestellten Anforderungsprofil
werden dann entsprechende Maßnahmen für das
eingesetzte Personal zuerkannt.
Mit der Billigung des Missionsbegriffs und
der durch die AG erarbeiten Handlungsemp-
fehlungen wurde die AG Einsatz 2.0 durch
Staatssekretär Hoofe beauftragt, Maßnahmen
in den Bereichen „Betreuung der Angehörigen“,
„Einsatznachbereitung“, „Bewirtschaftete Be-
treuung“, „Medaille/Auszeichnung“, „Beschaf-
fung für den Einsatz“, „Beurteilungswesen“, An-
wendung der „Soldatenarbeitszeitverordnung“,
„Militärseelsorge“, „Truppenpsychologie“, „Ent-
sendung von Einzelpersonal“ und „Vergütung/
Besoldung“ so zu erweitern, dass diese grundsätz-
lich auch bei nicht mandatierten Verwendungen
Anwendung für das eingesetzte Personal finden
können. Nach dem Grundsatz: Gleiche Leistun-
gen bei gleichen Anforderungen.
OTL i.G. Anastasia Biefang,
RDir Alexander Maus,
FKpt Daniel Sayin
Die Einsatzrealität hat sich in den vergangenen Jahren
gewandelt – die Arbeitsgruppe Einsatz im BMVg hat
deswegen ein neues Missionsmodell entworfen
Ein „Eurofighter“ der
Luftwaffe in Estland.
Das Air Policing
Baltikum wird nicht
durch den Bundestag
mandatiert und ist
somit kein „klassischer“
Auslandseinsatz.
Foto: Photothek
DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
A U S L A N D S E I N S A T Z 37