„Ziel ist eine schrittweise Anhebung
des Verteidigungshaushalts“
Foto: DBwV/ Willem gr. Darrelmann
Die Bundeswehr:
Herr Minister, der „vernetzte
Ansatz“ ist der Leitgedanke des deutschen En
gagements in Krisenregionen. Welche Erfolge se
hen Sie bei der praktischen Entwicklung?Wo gibt
es Nachholbedarf?
Frank-Walter Steinmeier:
Wir sind mit unserer
Politik immer dann besonders erfolgreich, wenn
wir in einer Gesamtstrategie unterschiedliche Per-
spektiven, Ansätze und Projekte zusammenden-
ken: Stabilisierungsmaßnahmen des Auswärtigen
Amtes zusammen mit Einsätzen der Bundeswehr
und Entwicklungsprojekten des Entwicklungshil-
feministeriums, an manchen Orten auch ergänzt
um den Einsatz deutscher Polizisten – und all das
abgestimmt mit den Projekten, die unsere Partner
in EU und Vereinten Nationen leisten. In vielen
Ländern funktioniert das schon sehr gut: In Soma-
lia geht die Pirateriebekämpfung auf See Hand in
Hand mit einer militärischen EU-Ausbildungsmis-
sion, Stabilisierungsmaßnahmen und europäischen
und nationalen Entwicklungsprogrammen. Mit
auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft Syriens
– macht die Versuche, den Konflikt einer Lösung
zuzuführen, so unglaublich schwierig.
Das bedeutet aber nicht, dass wir einfach aufgeben:
Deutschland steht ganz vorne bei der humanitären
Hilfe. Wir drängen auf Zugang für internationale
Hilfslieferungen und Helfer, auf Feuerpausen und
Möglichkeiten der Evakuierung. Und wir brauchen
dringend eine Rückkehr zu einem politischen Pro-
zess – sonst wird der Konflikt kein Ende finden.
Wie bereitet sich die internationale Staatenge
meinschaft auf die Zeit nach dem IS vor?
Es lässt sich nicht absehen, wann die Terrormiliz
in den Gebieten, die sie in Syrien und Irak noch in
ihrer Gewalt hat, endgültig geschlagen sein wird.
Sehen kann man aber, dass unsere Strategie, IS
politisch, militärisch und weltanschaulich anzuge-
hen, Wirkung zeigt. In Syrien und im Irak konn-
te IS schon massiv zurückgedrängt werden. Auch
in Mossul gibt es Fortschritte im Kampf gegen IS.
Der Krieg in Syrien, die Krise in der Türkei, Donald Trump als neuer USPräsident: Lauter gute Gründe für ein
Gespräch mit dem Außenminister. Auch und gerade, wenn er demnächst Bundespräsident wird.
den neuen Leitlinien für das Krisenengagement
der Bundesregierung wollen wir die Koordinierung
zwischen diesen Maßnahmen weiter verbessern.
Wie erklären Sie sich das Komplettversagen der
internationalen Staatengemeinschaft in Syrien?
Wie können solche Katastrophen in Zukunft ver
hindert werden?
Der Bürgerkrieg in Syrien sucht mit all seinem
Schrecken, seiner Gewalt und der Grausamkeit sei-
nesgleichen. Aber der Konflikt ist auch sehr kom-
plex: Da haben wir es mit einem nur schwer durch-
schaubaren Gewirr von Interessen und Akteuren zu
tun, in dem es natürlich um die nackte Macht geht,
aber auch um religiöse, ethnische und ideologische
Gegensätze, die sich nicht einfach so überbrücken
lassen. Hinzu kommt: Anders als früher folgt aus
verhandelten Vereinbarungen zwischen den bei-
den Großmächten USA und Russland nicht mehr
automatisch eine klare Marschrichtung aller Betei-
ligten. Dass so viele Akteure beteiligt sind – gerade
Oberster Diplomat und wohl bald
Bundespräsident: Frank-Walter
Steinmeier
DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
I N T E R V I E W
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