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Deutscher Soldat für Recht

und Freiheit

DIE BUNDESWEHR | JULI 2017

Von Oberstleutnant i.G. Jan Hoffmann

Jeder Soldat der Bundeswehr hat seine eigene

Sicht, weshalb und wofür er oder sie dient. Diese

Sichtweisen haben immer einen Bezug zur Ge-

schichte und sei es die eigene Lebenserfahrung.

Dass der Soldatendienst nicht leicht ist, wurde in

den vergangenen Wochen wieder durch Politik

undMedien deutlich gemacht. Und alleine der Be-

zug auf das „Deutsche“ imTitel dieses Textes kann

bereits einen wie auch immer gearteten negativen

Anschein erwecken. Aber für mich ist es der Kern

meines Eids auf „Recht und Freiheit des deutschen

Volkes“ und die „Bundesrepublik Deutschland“.

Die Frage ist nun, ob meine Sicht noch Gültigkeit

beanspruchen kann. Dazu setze ich sie mit persön-

lichen Erfahrungen ins Verhältnis, die hier unvoll-

ständig aufgelistet sind.

• Ich bin als Wehrpflichtiger in eine Armee einge-

treten, in der es hieß, der Frieden sei der Ernst-

fall.

• Bundeskanzler Kohl wollte die Bundeswehr

nicht dort einsetzen, wo zuvor die Wehrmacht

eingesetzt wurde.

• Bündnis 90/Die Grünen forderten die Abschaf-

fung der Bundeswehr und ließen die Luftwaffe

völkerrechtlich umstrittene Angriffe auf Serbi-

en fliegen.

• Ein SPD-Mitglied des Verteidigungsausschusses

empfahl mir, „doch den Rock auszuziehen“ als

ich ihm in einer Diskussion widersprach.

• Viele Stimmen in Politik und Medien lehnen

Kampfdrohnen aus ethischen Gründen ab und

akzeptieren das dadurch höhere Todesrisiko

deutscher oder alliierter Soldaten.

• Eine CDU-SPD-Bundesregierung sieht sich

wiederholt massiven Vorwürfen des Rechts-

bruchs selbst aus den eigenen Reihen ausgesetzt.

• Deutsche Offizieranwärter tragen bei ihrer Aus-

bildung ganz oder teilweise britische oder fran-

zösische Kadettenuniformen, worauf sie „stolz“

sind.

• Die Radikalisierung eines maßgeblich in Frank-

reich und durch die französischen Streitkräfte

ausgebildeten Oberleutnants mündet in eine

Überprüfung des Traditionsverständnisses der

Bundeswehr.

• Ein Offizier der Panzertruppe führt im Dienst-

gradHauptmann das erste Mal einen Panzerzug

im scharfen Schuss.

• Verbände, die zum Teil bis auf die Kompanie-

Bundeswehr/Sebastian Wilke

ebene multinational gemischt sind, sollen effek-

tive Reaktionskräfte sein.

• Ein Vorsitzender der SPD fordert, wir sollten

nicht Deutschland dienen, sondern Europa.

• Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass

Verteidigungsminister, parlamentarische Staats-

sekretäre, aber auch Vorsitzende des Verteidi-

gungsausschusses zuvor keine Erfahrung im

Bereich Verteidigung gesammelt haben.

• Die AfD distanziert sich wie Die Linke von

der Nato, während 53 Prozent der Deutschen

eine militärische Unterstützung von Alliier-

ten gegen Russland nicht befürworten und

Deutschland bei den Verteidigungsausgaben

seit Langemweit unter denNato-Kriterien liegt.

Diese deutlich erweiterbare Liste trifft heu-

te auf Ansprüche der Ministerin, die von mir

fordert, dass ich mich klar abgrenze „gegen

jede Zweideutigkeit und jeden Zweifel“. Dazu

befiehlt der Inspekteur des Heeres mit Be-

zug auf die Wehrmacht, dass durch mich die

„Identifikation oder Gemeinmachung (…)

mit dem Nationalsozialismus bereits dem

Anschein nach auszuschließen ist“. Gleich-

zeitig wird für und um Vertrauen geworben.

T I T E L : B E R U F S E T H O S

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