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auflegen? Wir denken zu sehr in Strukturen, Or-

ganisationsformen, technischen Vorgängen – die

Streitkräfte bestehen aber aus Menschen!

Werte lassen sich nur schwer im Unterricht

vermitteln. Vielmehr gilt es, sie glaubhaft in tägli-

chen Dienstbetrieb vorzuleben.

An der Führungsakademie werden die mili­

tärischen Spitzenkräfte vonmorgen ausgebildet.

Welcher Aspekt war für Sie als früherer Kom­

mandeur der wichtigste unter den Inhalten, die

Sie vermittelt haben?

Ein Berufsbild zu vermitteln und vorzuleben, in

dem sich alle Stabsoffiziere unabhängig von Teil-

streitkraft, Funktion und Aufgaben wiederfin-

den können, bestehend aus den entscheidenden

fünf Inhalten: Ethik und Moral, Professionalität,

Bildung, Menschenbild mit Menschenführung,

Weltoffenheit.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Ver-

mittlung dieses Berufsbildes auch das Bestreben

aller Kommandeure war und ist.

Welche Rolle spielt die Vermittlung von Tradi­

tion in der Ausbildung?

Die Vermittlung von Tradition

und die Traditionspflege ist vor

allem die Aufgabe der Komman-

deure und Einheitsführer. Sie

sind ebenso verantwortlich für

„Politische und Historische Bil-

dung“ und dafür, dass sich ihre

Soldatinnen und Soldaten mit der

Geschichte beschäftigen und ihr

Bewusstsein schärfen, welche Ein-

stellungen, Haltungen und Taten

als beispielgebend betrachtet wer-

den können.

Tradition lässt sich aber nicht ver-

Tradition lässt sich nicht

verordnen

Kaum jemand befasste sich intensiver mit der Führungskultur in der Bundeswehr als er:

Generalmajor a.D. HansChristian Beck war sechs Jahre lang Kommandeur des Zentrums Innere Führung

und vier Jahre Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr. „Die Bundeswehr“ befragte ihn zu

den Vorfällen der vergangenen Wochen und zum Berufsbild des Soldaten.

Die Bundeswehr:

Haben die Schlagzeilen der

vergangenen Wochen und die Affäre um Ober­

leutnant Franco A. Sie überrascht?

Generalmajor a.D. Hans-Christian Beck:

Der äu-

ßerst dramatische Vorfall umOberleutnant Fran-

co A. und seiner Komplizen in der Verbindung

von rechtsradikalem Denken, Diebstahl von Mu-

nition und der Identitätsverschleierung zur Vor-

bereitung terroristischer Verbrechen haben mich

in der Tat überrascht.

Soldaten an der Führungsakademie erwarten

eine Rede von Verteidigungsministerin Ursula

von der Leyen (Archivfoto).

Foto: dpa

Parallel dazu im gleichen Zeitraum begange-

ne Dienstvergehen Einzelner, die Schlagzeilen

machten, sind von dieser Affäre streng zu tren-

nen. Sie sind durch die Disziplinarvorgesetzten

der jeweiligen Führungsebenen in kluger An-

wendung der Wehrdisziplinarordnung und des

Wehrstrafgesetzes streng zu ahnden bis gegebe-

nenfalls hin zur Entfernung aus dem Dienst.

Was könnte aus Ihrer Sicht schiefgelaufen sein

bei der Ausbildung und vor allem bei der Werte­

vermittlung?

Es muss nicht immer etwas in der Ausbildung

schiefgelaufen sein. Infolge permanenter Um-

strukturierungen, Standortverlegungen, neu-

artiger Auslandseinsätze, Streichung von Plan-

stellen in den Referaten des Ministeriums, an

Ausbildungseinrichtungen und Schulen, die mit

der Führungskultur und -philosophie „Inne-

re Führung“ zu tun hatten, bleibt Vieles auf der

Strecke wie zum Beispiel auch „Historische und

Politische Bildung“, wie auch die Vermittlung

von Werten. Erhält das Lehrpersonal die ent-

sprechende Schulung oder lehrt es durch Hand-

Unaufrichtig sind

diejenigen, die behaupten,

bereits alle Antworten

gefunden zu haben.

GENERALMAJOR A.D. HANS-CHRISTIAN BECK

T I T E L : B E R U F S E T H O S

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