

Das Entstehen einer
Misstrauenskultur
DIE BUNDESWEHR | JULI 2017
Die Bundeswehr:
Verschiedene Verfehlungen
in der Bundeswehr, ein bedingt guter Umgang
damit, führte die Bundeswehr in eine Krise.
Worauf kommt es nach Ihrer Auffassung nun
an?
Hans-Peter Bartels:
Die Kommunikation war
nicht immer gut. Es gibt Vorfälle, die geahndet
werden müssen. Das ist klar. Aber dass der Ein-
druck entstehen konnte, die ganze Bundeswehr
habe ein Führungs- und Haltungsproblem, geht
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels, im Interview zur Krise der
Bundeswehr, zur Verantwortung der Politik und zum Vertrauen der Soldaten in ihre Führung
an die berufliche Identität vieler Soldatinnen und
Soldaten. Klar, dass die Ministerin das so nicht
wirklich meint. Aber der Imageschaden ist da.
Und der Vertrauensschaden auch.
Viele öffentliche Statements der Ministerin er-
folgten noch während laufender Ermittlungen,
ohne weitere Hintergründe zu erläutern. Haben
Sie mittlerweile ein vollständiges Bild oder sind
zu den Vorfällen von Pfullendorf bis Illkirch
noch Fragen offen?
Das sind ja doch ganz unterschied-
liche Dinge. Womit wollte man das
bizarre Doppelleben eines mutmaß-
lichen rechtsextremen Kriminellen
als Asylbewerber und Offizier in der
Bundeswehr vergleichen? Was den
Komplex Pfullendorf angeht, gibt
es inzwischen drei unterschiedliche
Berichte – einen vom Heeres-Aus-
bildungskommando,
einen vom
BMVg an den Verteidigungsaus-
schuss und einen von der Staats-
anwaltschaft. Alle beziehen sich
wohl auf die gleichen Protokolle der
Zeugenvernehmungen. Was fehlt,
ist eine abschließende offizielle Sachverhaltsdar-
stellung samt Bewertung vom Ministerium. Die
muss dann endlich Klarheit schaffen, was war
und was nicht war.
Die Truppe hat viel Vertrauen in die Ministe-
riumsspitze verloren. Wie kann das nach Ihrer
Auffassung, wenn überhaupt, zurückgewonnen
werden?
Durch Klarheit und bessere Kommunikation.
Führung ohne wechselseitiges Vertrauen kann
nicht gut gehen. Ich habe den Eindruck, die Mi-
nisterin sucht jetzt sehr gezielt das Gespräch mit
Soldatinnen und Soldaten. Schwierig, aber not-
wendig.
Auch das Vertrauensverhältnis seitens der Be-
völkerung sackte um zehn Prozent gemäß ARD-
Deutschland Trend ab. Meinen Sie, der Schaden
in der Öffentlichkeit ist irreparabel?
Nichts ist irreparabel. Aber es stimmt schon: Vie-
le Soldaten und ihre Familien stellen eine verän-
derte Wahrnehmung der Bundeswehr in ihrem
sozialen Umfeld fest, und zwar keine positive.
Das belastet. Da muss auch die Führung gegen-
halten, aktiv.
Viele Soldaten stellen
eine veränderte Wahr-
nehmung der Bundes-
wehr in ihrem sozialen
Umfeld fest. Das Ver-
trauen der Bevölkerung
ist gesunken.
Foto: Bundeswehr/Twardy
Wir haben heute die
demokratischste Armee,
die Deutschland je hatte.
Das ist ein Glück!
HANS-PETER BARTELS
T I T E L : B E R U F S E T H O S
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